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Ein wissenschaftlicher Einblick: Böses Fett - Gutes Fett

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24.07.2017

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Ein wissenschaftlicher Einblick: Böses Fett - Gutes Fett

Sie werden verteufelt. Man soll sie meiden, wo es geht, heißt es: Fette. Dabei haben sie großes Potenzial – auch für die sportliche Leistung. Ein wissenschaftlicher Einblick: Nahrungsfette und ihre Auswirkungen auf die Regeneration.

Der Radsport wird immer wissenschaftlicher: Es geht um Leistungsmesser, Laktatwerte, Wattwerte, Aerodynamik, Gewicht. Auch des Themas Ernährung werden sich immer mehr Menschen bewusst. Es geht um Gesundheit. Und mehr: Die Optimierung der Leistung beginnt beim Essen. 

Nur haben die Meisten falsche Vorstellungen davon, was eine gute Ernährung überhaupt ausmacht. Dass ein Sportler jeden Tag mit der Auswahl seiner Lebensmittel seine Regeneration maßgeblich bestimmt, ist den Wenigsten bewusst. Selbst Trainingseffekte werden direkt durch das bestimmt, was man an einem Tag zu sich nimmt. Genau darum werden an dieser Stelle in der RennRad regelmäßig Kolumnen folgen, die das nötige Wissen liefern sollen – dazu wie Regeneration, Trainingseffekt, Leistung und unser tägliches Essen direkt und indirekt zusammenhängen. 

Zum Thema Fett gibt es etliche Studien und – wenn man sich im Internet, in Frauen- und Fitnesszeitschriften umsieht – scheinbar genauso viele Empfehlungen für „eine optimale Ernährung“. Dem ist nicht so. Doch der Reihe nach: Während früher vor allem die gesättigten Fette als eher gesundheitsgefährdende Bestandteile der Ernährung galten, hat hier längst ein Umdenken stattgefunden. Fette werden heute nicht mehr verteufelt – zumindest nicht von seriösen Verbänden und Personen. Im Gegenteil: Sie sind als wichtiger Bestandteil in den Fokus geraten. Und so kamen immer neue Erkenntnisse zutage, die vor allem für Sportler interessant sind. Denn Fett, das ist nicht nur das Baumaterial für „Problemzonen“. Es ist auch ein zentraler Baustoff für die Zellwände. Deshalb gilt: Je besser man seine Fettquellen auswählt, desto besser funktioniert die Muskelzelle, desto weniger Entzündungen entstehen nach einem intensiven Training, desto schneller geschieht die Regeneration.

Stress in den Zellen

Die Zellmembran hat viel mehr Funktionen, als den Meisten bewusst ist. Jedes Training belastet die Muskelzellen. Durch diesen Stress wird die Zellmembran „beschossen“ – und Bauteile lösen sich ab. Diese werden vom Körper verwendet, um wichtige Signalstoffe, die Gewebshormone, auszusenden. Durch das Enzym Cyclooxygenase werden die Bauteile nun zu entzündlichen oder antientzündlichen „Meldeläufern“ umgebaut. Cyclooxygenase sollte recht vielen Menschen bekannt sein, denn Medikamente wie Diclofenac, Ibuprofen und weitere „Entzündungshemmer“ wirken auf genau dieses Enzym. Bei akuten Schmerzen sind solche Medikamente sicherlich sinnvoll, werden sie jedoch über längere Zeiträume hinweg eingenommen, werden selbstheilende Kräfte unterdrückt. Studien haben gezeigt, dass durchblutungsfördernde Prozesse um bis zu 30 Prozent reduziert werden können – somit würde auch die Regeneration eines Athleten deutlich verlangsamt.

Ob man eher entzündliche oder antientzündliche Prozesse fördert, hat man zum Teil selbst in der Hand. Indem man die richtigen Nahrungsfette auswählt. Hier wird unterschieden zwischen, zum einen: mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Diese bestehen aus Omega-3- und Omega-6-Fetten und sind der Grundbaustoff für die Zellmembran. Werden dem Körper ausreichend Omega-3-Fette zugeführt, steigt der Anteil antientzündlicher Prozesse. Wenn sich Sportler aber, was heute zur gängigen Ernährung der meisten Menschen gehört, vor allem aus Omega-6-lastigen Fettquellen ernähren, kann es zum Gegenteil kommen: Zu genau jenen Reaktionen des Körpers, die Sportler verhindern wollen, da sie die Regeneration behindern statt fördern – zu schnell hochschießenden Entzündungswerten, zu einer verschlechterten Fettverbrennung, zu muskulären Problemen, sogar zu Verletzungen. Dies zeigt ganz klar, warum die Auswahl von Fetten so wichtig ist.

Transfette meiden

Einen besonders negativen Einfluss haben hier die sogenannten Transfette. Dies sind hocherhitzte Pflanzenöle, wie sie etwa oft zum Frittieren verwendet werden. Hier werden ungesättigte Fette so chemisch verändert, dass sie zwar immer noch in die Zellmembran eingebaut werden können, jedoch die Funktionalität der Zelle stark beeinträchtigen. Sportler, die sich vor allem von Frittiertem oder Esswaren mit hohem Transfett-Anteil ernähren, werden ihr Potential nie ausschöpfen können. 

Tiere, die vor allem frisches Grünfutter fressen, entwickeln automatisch auch mehr Omega-3-Fettsäuren. So hat ein auf einer Alpe hergestellter Käse in der Regel einen höheren Anteil dieser wertvollen Fettsäuren als einer aus Massenproduktion. Warum? Weil die Milch von Kühen stammt, die vor allem Gras und Heu statt Kraftfutter gefressen haben. 

Für Wild gilt dies ebenso. Im Gegensatz dazu haben etwa viele Zuchtfische aus Aquakulturen deutlich weniger Omega-3-Fettsäuren als Wildfische, dafür aber einen etwas höheren Omega-6-Anteil. Dies geschieht vor allem, wenn die Züchter die Fische vorrangig mit Pflanzenölen füttern. Allerdings kann man diese partiellen Erkenntnisse nicht verallgemeinern: Auf die Art des Fischs, der Aufzucht und des Futters kommt es an. Besonders gute Omega-3-Lieferanten sind: Fettfisch, Raps-, Walnuss- und Leinöl. Omega-6-lastig sind vor allem Wurst, Mais-, Sonnenblumen- und Distelöl. Je höher die Anteile der „3er“ Fettsäuren, die ein Sportler zu sich nimmt, desto besser ist dies für die Regenerationsfähigkeit. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass diese Fettsäureneinnahme Einfluss auf weitere Körperfehlfunktionen wie etwa Belastungsasthma oder Darmprobleme hat.

Das Insulin-Problem

Auch beim Thema Fett spielt der Zucker eine wichtige Rolle. Denn: Eine Abbaustufe der Omega-6-Fettsäuren, genauer gesagt DHGLA, wirkt ebenfalls stark antientzündlich. Aber: Je mehr Zucker man über den Tag zu sich nimmt, desto mehr Insulin wird im Körper produziert. Hier muss man etwas ins Detail gehen: Je mehr Insulin freigesetzt wird, desto mehr DHGLA wird zu ARA, genauer gesagt Arachidonsäure, abgebaut. Diese wirkt im Körper wiederum stark entzündlich. Welche Auswirkungen hat dies nun auf die Ernährung eines Sportlers? Diese Prozesse machen klar, warum es für Athleten, die an latenten entzündlichen Prozessen leiden, so essentiell ist, die Kohlenhydratzufuhr richtig zu timen. Zu diesem großen Thema des „Kohlenhydrat-Timings“ wird eine eigene RennRad-Kolumne folgen. Von daher kann es für Sportler durchaus Sinn ergeben, Zucker möglichst zu meiden. Außer – und das ist essenziell, denn hier werden viele falsche „Wahrheiten“ propagiert und deshalb auch sehr viele große Fehler begangen – zum intensiveren Training und vor allem Wettkampf.

 

Fakt ist: Die richtige Ernährung bildet die Voraussetzung für eine optimale Regeneration. Auch deshalb sollte hier nicht gespart werden. Je hochwertiger und frischer die Pflanzenöle sind, desto besser. Je besser die Fleisch- und Fischqualität, desto besser „funktioniert“ der Körper. Meine persönliche Bitte zum Schluss: Bitte investieren Sie nicht mehr in ihr Fahrrad als in sich selbst. Denn Ihr Körper ist sehr viel wertvoller, er ist der Motor, der alles antreibt – und für ihn gibt es keine Ersatzteile. //

 

Übersicht: Fette & Öle 

Empfehlenswert

  • Olivenöl: am besten extra vergine, kaltgepresst. Nicht bis zum Rauchpunkt erhitzen. 
  • High-Oleic Öle: Varianten von Raps- und Sonnenblumenöl, das deutlich mehr Öl- und weniger Linolsäure enthält.
  • Rapsöl: reich an Öl-, Linol- und α-Linolensäure.
  • Bratbutter, Kokosöl, Kakaobutter: hoher Gehalt an gesättigten Fettsäuren. Gut zum Braten geeignet.
  • Butter: zum Braten geeignet. 

 

Bedingt empfehlenswert

  • Erdnussöl: Hoher Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, dennoch zum Braten geeignet.
  • Soja- Hanf-, Leinöl: für die kalte Küche.

 

Eher nicht empfehlenswert

  • Sonnenblumen-, Distel-, Kürbiskernöl: Hoher Anteil an Linolsäure. Mit Bedacht in der kalten Küche einsetzbar.

 

Kaum zu empfehlen

  • Margarine
  • Gehärtetes Pflanzenfett
  • Industriell hergestellte Frittier-Öle
  • Palmöl

 

 

Entzündungshemmende Fette — eine Auswahl

(Anteil an Gesantfett in %)

  • Leinöl 56%
  • Walnussöl 14%
  • Rapsöl 9%
  • Sojaöl 8%
  • Weizenkeimöl 8%
  • Kabeljau 51%
  • Lachs 44%
  • Makrele 42%
  • Ostseehering 29&

 

Der Autor

Jürg Hösli gehört zu den renommiertesten Ernährungswissenschaftlern der Schweiz. Er arbeitet seit Jahren mit etlichen Leistungs- und Profisportlern zusammen, berät unter anderem die deutschen Nationalfahrer und -trainer des Bundes Deutscher Radfahrer und ist Teil des Teams von „Erpse – Institut für Ernährungsdiagnostik“ mit Sitz in Winterthur: www.erpse.ch

 

In der RennRad erschien bereits ein ausführliches Interview mit ihm zum Thema gute Ernährung für Sportler. Dieses ist online abrufbar unter: http://bit.ly/rennrad-ernaehrung

Quelle: 

Text: Jürg Hösli; Fotos: Fotolia, Vos

News: 

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Früh-Form: Das Optimum aus dem Frühjahr herausholen

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24.07.2017

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Früh-Form: Das Optimum aus dem Frühjahr herausholen

Der Winter war lang, die Saison ist nah, die gute Form weit weg. Dagegen kann man antrainieren – mit unseren Tipps. RennRad zeigt, wie man das Optimum aus dem Frühjahr herausholt.

 

Das Frühjahr ist die Zeit des Übergangs – von der dunklen Jahreszeit in die helle – und es die Zeit des schlechten Gewissens. Zumindest für viele Hobby-Athleten. Spätestens jetzt wird Vielen klar, dass es noch ein langer harter Weg bis zur Top-Form ist.Doch dieser Rückstand ist aufzuholen. Entweder durch ein langes, aber zeiteffizientes Programm Zuhause – oder durch ein Trainingslager. Vor allem zwischen Ende Dezember und Ende April werden manche Ziele im milden Süden, Mallorca und die Kanaren etwa, zu „Radsportzentren“. Ein Radurlaub im Süden muss nicht nur der Flucht vor dem Winter, vor Kälte und Regen dienen. Er kann auch ganz neue Trainingsreize setzen – und damit helfen, die eigene generelle Leistungsfähigkeit auf ein höheres Niveau zu heben.

Ein gut geplantes Trainingslager ermöglichtes auch Hobby-Radsportlern, ein oder zwei Wochen lang wie ein Profi zu trainieren und zu leben. Fernab von beruflichen Verpflichtungen lässt sich das Training ohne Einschränkungen gestalten und kontrollieren – auf ruhigen Straßen und in schönen Landschaften. Wir erläutern, wie man sich optimal auf ein Trainingslager vorbereitet und wie eine möglichst effektive Gestaltung für verschiedene Perioden der Rad-Saison aussieht.

Das Ziel eines Trainingslagers

Zunächst einmal das Offensichtliche: Hat man viel Zeit, kann man mehr davon in seinen Sport investieren. Ergo: Während eines Trainingslagers kann die allgemeine Belastung deutlich gesteigert werden. Hier ist es sogar das Ziel, den Körper Belastungsreizen auszusetzen, die so stark sind, dass sie mit der üblichen Trainingsroutine nicht zu erreichen wären. Dies kann langfristig zu einer Leistungssteigerung führen, von der man während der gesamten Radsaison profitieren kann. Eine Steigerung des Umfangs und/oder der Intensität um 100 Prozent oder mehr führt zu einem sehr großen Trainingsstress und sollte zum Zustand des „funktionalen Overreachings“ führen. Overreach bedeutet zu Deutsch: „sich übernehmen“ beziehungsweise „über das Ziel hinaus schießen“.

Der Radsporttrainer Dan Fleeman erklärt das Konzept folgendermaßen: „Um die größtmöglichen Effekte aus einem Trainingslager herauszuholen, bringen wir unsere Athleten an den Rand ihrer Kapazitäten. Dabei sinkt kurzfristig sogar die maximale Leistungsfähigkeit.“ Für Radsport-Einsteiger empfiehlt sich diese Herangehensweise jedoch nicht. Denn dabei besteht ein recht hohes Risiko, in den Bereich des „nicht-funktionalen Overreachings“ zu kommen. In der guten alten Trainingslehre nennt man diesen Zustand auch: Übertraining. Ihn gilt es um jeden Preis zu vermeiden, denn ist man erst einmal „übertrainiert“, führen Trainingsreize nicht mehr zu einem Leistungszuwachs, sondern zu einer weiteren Überlastung des Körpers. Deshalb gilt generell – und besonders im Trainingslager: Ein Hauptziel muss es sein, die richtige Balance zwischen Belastung und Regeneration zu finden beziehungsweise einzuhalten. 

Auch deshalb sind regelmäßige Ruhetage so sind wichtig. Auch dann, wenn einen die Verhältnisse – etwa das gute Wetter, der Ehrgeiz oder der Spaß in der Trainingsgruppe – dazu verleiten, jeden Tag harte Touren zu fahren. Zusätzlich sollte man großen Wert auf ausreichend Schlaf und eine adäquate Ernährung legen.

Schwierig kann es auch werden, wenn – nach einer nicht optimalen Vorbereitung – im Trainingslager oder bei den ersten wärmeren Tagen sofort mit intensiven Einheiten begonnen wird. Gerade das HIIT, „High Intensity Intervall Training“, hat sich in den vergangenen Jahren schon fast zum Trend entwickelt. Die Vorteile liegen auf der Hand, das haben etliche Studien gezeigt: So wurde etwa in einer Untersuchung der kanadischen McMaster-Universität gezeigt, dass ein intensives Training mit minimalem Zeitaufwand zu einem sehr viel schnelleren Leistungsanstieg führt als niedrigintensives Grundlagentraining. Die Probanden waren eher wenig trainierte Radsportler. Verglichen wurden die Effekte von Trainingseinheiten, die aus zehn einminütigen Sprint-Intervallen mit einer Pausendauer von einer Minute bestanden, dreimal in der Woche, mit „normalem“ Grundlagenausdauertraining (GA). Auf der zellulären Ebene konnten die Forscher zu großen Teilen gleiche Effekte wie beim GA-Training feststellen, so erhöhte sich unter anderem die Zahl der Mitochondrien signifikant. Gerade Rennradeinsteiger sollten es jedoch mit dem HIIT zunächst nicht übertreiben. Denn auch hier besteht das Risiko, zu früh zu viel zu wollen und etwa ins Übertraining zu geraten. 

Die Vorbereitung

Mit null Vorbereitungskilometern in den Flieger Richtung Mallorca zu steigen, ist eher suboptimal. Denn die Belastung in einem Trainingslager ist hoch. Der Körper sollte zuvor zumindest ein gewisses Ausdauerniveau gebildet haben – sonst besteht vor Ort ein erhöhtes Risiko ins Übertraining zu geraten. Idealerweise startet man gesund und ausgeruht in jede harte Trainingsphase. Traininglager sind deshalb auch nicht unbedingt als Wiedereinstieg in strukturiertes Training geeignet. Der ideale Zeitpunkt einer solchen Reise ist demnach gegen Ende eines großen Trainingsblocks – als Höhepunkt der Belastungsreize. Einige Tage vor der Abreise sollte man seinen Trainingsumfang sowie die Intensität deutlich reduzieren. Nach der Heimreise sollten in der Regel auch einige Regenerations-Tage eingelegt werden.

Grundstruktur und Saisonplanung

Egal zu welchem Saisonzeitpunkt: Klare Ziele zu setzen ist immer elementar wichtig. Ein Trainingslager sollte immer in den aktuellen Zyklus der Periodisierung integriert werden. Eine Steigerung des Umfangs ist dabei immer eingeplant. Wichtig und schwierig ist es oft, auch beim Training in der Gruppe die eigenen Trainingsbereiche einzuhalten. Man sollte sich demnach – vor allem wenn Grundlage auf dem Trainingsplan steht – nicht von „Attacken“ der Trainingskollegen verleiten lassen. Weiterhin gilt: Im Normalfall wechseln sich zwei bis vier intensivere oder längere Einheiten mit einer lockeren Fahrt beziehungsweise einem Ruhetag ab. 

Stichwort Periodisierung: Ein Trainingslager sollte zeitlich und inhaltlich zu seinem Formaufbau und seinem Saisonplan passen – egal ob das persönliche Ziel nun Lizenzrennen, Ötztaler-Radmarathon oder Zehn-Kilogramm-Weniger heißt. In der Vorbereitungsphase im Winter absolvieren die meisten Radsportler vor allem Grundlagen-Einheiten: lang, moderat, gleichmäßig. Möglichst viele Kilometer und Stunden auf dem Rad zu absolvieren, kann auch für Hobby-Athleten ein Ziel des Trainingslagers sein. Wann sonst im Jahr kann man schon einmal 20 oder 25 Stunden pro Woche Radfahren? Zusätzlich können, je nach Gelände und Form, erste höhere Intensitäten in die Einheiten integriert werden. Ein auch bei erfahrenen Sportlern beliebtes konkretes Beispiel wäre: Fünf bis 20 Minuten am „Sweetspot“ bergauf fahren. Dieser Trainingsbereich liegt zwischen 88 und 93 Prozent der Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle (IANS). Als Variante kann man auch mit kürzeren Intervallen oder Schwellenbelastungen an kurzen bis mittellangen Anstiegen beginnen.

 

Training: Definitionen

  • Over-Unders: Intervalle, bei denen sich Intensitäten über und unter der IANS abwechseln – in der Regel alle 20 bis 40 Sekunden. Dieser Trainingsinhalt ist besonders zeiteffizient sowie effektiv zur Entwicklung von Explosivität vor Wettkämpfen.
  • Hill-Repeats: Intervalle am Berg – Anstiege werden wiederholt mit einer festlegten Leistung gefahren. Zum Beispiel: Vier Mal drei Kilometer im Entwicklungsbereich. 
  • Sweetspot: Dieser befindet sich zwischen dem oberen Bereich der Grundlagenausdauer 2 und dem unteren Entwicklungsbereich (EB), in der Regel bei 88 bis 93 Prozent der maximalen Leistung. 
  • IANS: Die individuelle anaerobe Schwelle, auch Laktatschwelle genannt, ist die maximale Belastung, während der sich ein Athlet im Gleichgewichtszustand aus Laktataufbau und -abbau befindet. Intensitäten darüber hinaus (vor allem im SB) führen in der Regel schon nach kurzer Zeit zur Erschöpfung, da Laktatabbau und Energieproduktion nicht schnell genug passieren.
  • SB: Der Spitzenbereich ist der Trainingsbereich, bei dem 105 Prozent oder mehr der IANS-Leistung erbracht werden – SB wird vor allem in der Form von hoch-intensiven Intervallen angewandt. Zum Beispiel: Fünf Mal je zwei Minuten.
  • Sprint-Intervalle: sechs bis zwölf Sekunden All-out Belastungen (100 Prozent Intensität) – dabei wird noch kein Laktat produziert. Diese Sprints benötigen aufgrund ihrer Kürze weder extra Glucose (Kohlenhydrate) noch Fett zur Energiebereitstellung.
  • Grundlage: Die Belastung liegt meist unter 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz und die Laktatkonzentration bleibt niedrig. Der Körper geht keine Sauerstoffschuld ein, der Stoffwechsel befindet sich in einem stabilen Gleichgewicht. Die Trittfrequenz ist mit 80 bis 110 eher hoch. Die gleichmäßige Dauermethode wird am häufigsten angewendet.
  • HIIT: Die „High Intensity Intervalle“ sind, wie der Name vermuten lässt, kurz und hart. Viele Studien haben gezeigt, dass sie ähnliche Adaptionen des Körpers hervorrufen können wie lange Grundlageneinheiten. Das Hochintensitätstraining liegt bei den Radprofis schon lange im Trend: Schon in den neunziger Jahren trainierten italienische Profis mit den berüchtigten 40/20-Intervallen. 40 Sekunden Belastung (mit 100 Prozent Intensität) gefolgt von 20 Sekunden Erholung. Ein weiteres Beispiel: Zehn Mal 60 Sekunden.

 

 

Beispiel-Trainingsplan für ein Trainingslager von zwei Wochen

1. Woche

  • Tag 1: 2-3h GA1, 50-65% IANS
  • Tag 2: 4h plus GA1, 50-70% IANS mit Sprints
  • Tag 3: 4h plus GA1, 50-70% IANS
  • Tag 4: 1-2h Aktive Regeneration, <55% IANS oder Ruhetag
  • Tag 5: 4h plus GA1, 50-70% IANS mit EB Belastung
  • Tag 6: 4h plus GA1, 50-65% IANS
  • Tag 7: 4h plus GA1, 50-70% IANS mit Sprints

 

2. Woche

  • Tag 1: 2-3h GA1, 50-65% IANS
  • Tag 2: 3-5h GA1, 50-75% IANS mit 3 x 12 min Sweetspot, 88-93% IANS
  • Tag 3: 4h plus GA1, 50-70% IANS
  • Tag 4: 1-2h Aktive Regeneration, <55% IANS oder Ruhetag
  • Tag 5: 4h plus GA1, 50-70% IANS mit 5 x 3 min SB 110% IANS
  • Tag 6: 4h plus GA1, 50-70% IANS
  • Tag 7: 3-5h plus GA1, 50-75% IANS mit 3 x 10 min EB 95% IANS

 

Ein Trainingslager während der Aufbauphase, die in der Regel von Ende Februar bis April dauert, kann den Fokus auf intensivere Einheiten legen. Gezielte Intervalle im Entwicklungs- oder Spitzenbereich können dann jeden zweiten Tag eingeplant werden. Wenn der Körper, wie gewünscht, mit Adaptionen reagiert – hier sollte man sich mit langsamen Steigerungen an die hohen Intensitäten „herantasten“. In Kombination mit einem deutlich vergrößerten Trainingsvolumen werden so die entscheidenden Reize für einen Leistungssprung gesetzt. Auch in der Wettkampf- beziehungsweise Saison-Highlight-Phase während des Sommers kann sich ein vier- bis zehntägiges Trainingslager lohnen, um sich den letzten Schliff für die Topform zu erarbeiten. Dies gilt gerade für schwere Alpen-Radmarathons: Die Sieger des „Ötztalers“ der vergangenen Jahre setzen fast alle gezielte Kurz-Trainingslager im Sommer ein, um noch einmal gezielt harte Intervalle am Berg zu fahren und vor allem etliche Höhenmeter an langen Pässen in den Alpen zu sammeln. Es gilt der alte bewährte Leitspruch: Wie das Ziel, so das Training.

 

Inhalte

Intensität

November bis März: Vorbereitungsphase (Grundlage) 

- Hauptsächlich GA1 bei 50-70% der IANS

- Stetige Pace, an Anstiegen bis 80%

- Zahlreiche Ausfahrten von 4 Stunden plus

- Sprints, z.B. 5 x 12 s All-Out mit 5 min. Pause

- EB 6 x 3 min mit 95%

Februar bis Mai: Aufbauphase (Schwellentraining) 

- Lange GA1 Trainings mit gezielten Intervallen

- Längere Belastungen: 8 bis 30 min im Schwellenbereich

- Intensive Reize : 2-6 min im Spitzenbereich 

- Sweetspot, z.B. 3 x 15 min mit 88-93%

- EB, z.B. 4 x 8 min mit 100%

- SB, z.B. 6 x 3 min mit 112%

April bis September: Spezifische Wettkampfphase (Radmarathon) 

- Lange Einheiten, auch ab und an mit Wettkampfdauer

- Zeit und Terrain nutzen, um anstehende Rennen zu simulieren

- Dazu sehr kurze, harte Belastungen für die Explosivität – vor allem Over-Unders: 20-40 Sekunden bei 110-125% abwechselnd mit 10-20 Sekunden Pause

- Rennsimulation, z.B. alle Anstiege mit Rennpace

- Sweetspot 3 x 10 min mit 20 s SB alle 2 min

- 5 x 40 / 20 Sekunden Over-Unders mit 115% und 70% (2 Serien)

April bis September: Spezifische Wettkampfphase (Radmarathon) 

- Lange GA1-Trainings mit gezielten hoch-intensiven Intervallen

- Fokus auf Maximierung der Bereitschaft für kurze, sehr intensive Belastungen

- Dazu Imitieren von entscheidenden Anstiegen – z.B. 4 min lange „Hill-Repeats“

- Anaerobe Kapazität, z.B. 8 x 1 min mit 120%

- 6 x 30 / 10 s Over-Unders mit 125% und 70% (2 Serien)

- 4 x Hill-Repeats an Anstiegen, ähnlich Wettkampf, z.B. 4:30 min oder 6 min

 

Quelle: 

Text: Philipp Diegner; Fotos: C. Vos, S. Lorence

News: 

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Training: Fit in die Saison

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02.08.2017

Autor(en): 

Training: Fit in die Saison

Fit in die Saison: Grundlage? Intervalle? Wann? Wie? Warum? Wie kombinieren? Wenn die Form im Sommer stimmen soll, sollte spätestens jetzt mit gezielten Einheiten begonnen werden. RennRad zeigt, wie sich das Training ganzjährig abwechslungsreich und zeiteffizient gestalten lässt.

 

Fitness im Radsport – Was macht schnell?

In den kalten Monaten trainieren viele Radsportler fast ausschließlich im Grundlagenbereich – viele lockere Ausfahrten und große Umfänge. Doch macht das wirklich schneller? Ein solches Training ist oft nicht nur eintönig, sondern liefert auch nicht unbedingt die besten Ergebnisse beim Aufbau der berühmten „Grundlagenausdauer“ — der aeroben Fitness, der Basis jeder Topform und aller Erfolge. Der Radsport ist zwar in erster Linie ein aerober Sport, die Leistung hängt aber nicht nur von der Grundlage ab. Mit dem Begriff Grundlage ist die Ausdauer gemeint: Die Fähigkeit über lange Zeit Arbeit zu erbringen, ohne zu ermüden. Zusätzlich wird die Fitness von der maximalen aeroben Leistungsfähigkeit beeinflusst. Denn die beste Ausdauer bringt wenig, wenn die dauerhaft erbrachte Leistung zu niedrig ist. Wir zeigen die Zusammenhänge auf und geben Trainingstipps.

Traditionelles Grundlagentraining

Der traditionelle Ansatz der Periodisierung sieht als Schwerpunkt eine lange Phase mit Grundlagentraining vor. Das bedeutet erst einmal viele lange, moderat intensive Ausfahrten im Grundlagenbereich GA1 — dieser liegt zwischen 50 und 74 Prozent der individuellen anaeroben Schwelle (IANS). So soll das Fundament gelegt werden, auf dem im weiteren Saisonverlauf mit gezielten Intervallen und Vorbereitungsrennen die Topform aufgebaut wird. Physiologisch soll langes, lockeres Training die Versorgung der Muskulatur mit sauerstoffgesättigtem Blut und den Energiestoffwechsel verbessern. Das heißt, dass mehr Fett und Kohlenhydrate pro Minute verarbeitet werden können und die über lange Zeit haltbare Leistung steigt. Zudem wird der Körper effizienter bei Ausdauerbelastungen. Das klingt zunächst nach allem, was Radfahrer wollen. 

Ein Blick auf den Profizirkus scheint den Ansatz zu bestätigen. Hier ist der normale Ablauf: Zwischen November und Januar oder Anfang Februar wird sehr viel Grundlage mit Umfängen von 20 bis 25 Stunden pro Woche trainiert, im Trainingslager sogar mehr. Der Großteil des Trainings findet im GA1 statt – in der Regel bei circa 55 bis 65 Prozent der IANS. Auch die Wissenschaft attestiert seit Jahrzehnten die Wirksamkeit von moderatem Ausdauertraining. Doch lässt sich dieser Ansatz wirklich auf das Training eines Hobby- oder Jedermannfahrers anwenden?

Wenig Zeit, große Effekte

In der Realität ist die Zeit auf dem Rad für die allermeisten Hobbyfahrer begrenzt. Mehr als sechs, acht, zehn oder gar 15 Stunden pro Woche sind neben Familie und Beruf kaum zu erreichen. Deutliche Leistungszuwächse durch moderates Grundlagentraining erfordern jedoch größere Umfänge. GA1-Training mit immer gleichen Wochenstunden und relativ niedriger Intensität führt oft zu einer zu geringen Gesamtbelastung. Eine langfristige Ausweitung des Trainingsvolumens ist für berufstätige Sportler aufgrund der knappen Zeit überhaupt nicht realisierbar. Das aerobe System wird nicht ausreichend gereizt. Man trainiert dann zwar viel, aber der mitgenommene Trainingseffekt ist fast schon zu vernachlässigen. Die Folge ist oft eine Stagnation der Leistung: Große Teile der Saisonvorbereitung werden mit unwirksamem Training verbracht. 

 

Qualität statt Quantität

Die gute Nachricht ist, dass die meisten Hobby-, Jedermann- oder Amateurfahrer mit wenig reinem Grundlagentraining die benötigte Ausdauer erreichen können, um konkurrenzfähig zu sein. Für Profis ist die beeindruckende Trainingszeit von 20 bis 40 Stunden pro Woche elementar, da sich ihre Rennen oft erst nach 150 oder 200 Kilometern Distanz entscheiden — und das bei Etappenrennen häufig an mehreren Tagen nacheinander. Dafür sind die Gewöhnung an ein hohes Trainingsvolumen und die daraus erlangte Ermüdungsresistenz unerlässlich. 

Im Jedermann- und Amateurbereich sind die meisten Wettkämpfe kürzer: Das gilt für Straßenrennen, Kriterien oder auch Cyclocrossrennen. Zudem stehen nur selten mehr als zwei zehrende Wettkämpfe an aufeinanderfolgenden Tagen auf dem Plan. Die Leistung am Renntag wird vor allem durch die IANS und die anaerobe Leistungsfähigkeit beeinflusst. Eine ausreichende Grundlage lässt sich antrainieren, ohne auf das gleichzeitige Training dieser Faktoren verzichten zu müssen. Es genügen geringere Umfänge — circa acht bis zwölf Stunden pro Woche — mit einem deutlich größeren Anteil an intensivem Training. Inzwischen weiß man: Auch so werden die zentralen physiologischen Anpassungen für eine solide Grundausdauer erzielt. Man braucht dazu nicht zwangsweise, wie ursprünglich angenommen, lange moderate Einheiten. Studien zu hoch-intensivem Training, vor allem mehrere der Universität Lillehammer, konnten dies —
für Radfahrer und Skilangläufer — mit verschiedenen Trainingsprogrammen von vier bis zwölf Wochen Dauer aufzeigen: Vergleichbare Verbesserungen der aeroben Kapazität und des Energiestoffwechsels waren die Folge. Die sehr wichtige maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) sowie die Maximalleistung erhöhten sich sogar signifikant stärker als durch klassisches Grundlagentraining.

Ganzheitliche Periodisierung

Intensives Training muss nicht nur im anaeroben Bereich deutlich über der „Schwelle“ stattfinden. Auch längere Belastungen um die IANS sollten nicht vernachlässigt werden. Denn: Bei der Reaktion auf verschiedene Trainingsreize gibt es zwischen Athleten deutliche Unterschiede. Für manche sind hoch-intensive zwei- bis fünfminütige Intervalle besonders effektiv, während andere eher von langen Belastungen am „Sweetspot“ profitieren. Man spricht von „Respondern“ und „Non-Respondern“. Ein netter Nebeneffekt ist die Abwechslung, die mit dem regelmäßigen Wechsel der Intensitäten einhergeht. Spaß und Motivation bleiben somit für viele eher erhalten. 

Die Saisonplanung 

Es bietet sich an, jeden Trainingsblock – der in der Regel vier Wochen umfasst – einem bestimmten Intensitätsbereich zu verschreiben. Über einen festen Zeitraum werden so sehr gezielte Trainingsreize gesetzt. Zum Beispiel ein Block mit hauptsächlich EB-Intervallen (90 bis 105 Prozent der IANS) gefolgt von einem Block, der sich auf den SB1-Bereich (105 bis 120 Prozent) konzentriert. Durch die Variation wird der Körper immer wieder neuartigen Reizen ausgesetzt, die eine Anpassung des Organismus und damit eine Formsteigerung hervorrufen können. Eine Trainingswoche kann so, je nach der verfügbaren Zeit, bis zu drei gezielte Intervalleinheiten beinhalten. Extrem wichtig dabei: Die richtige Balance aus Intensität und Regeneration – denn nur mit genug Ruhephasen sind Adaptionen überhaupt möglich. Mindestens alle vier Wochen empfiehlt es sich, eine Ruhewoche mit deutlich reduziertem Volumen und geringeren Intensitäten einzulegen. Sie erlaubt dem Körper die Erholung vom harten Training und die Anpassung an die durchgeführten Reize.

Abwechslung

Zusätzlich empfehlenswert: Möglichst eine lange Ausdauerfahrt pro Woche einplanen. Denn langes Grundlagentraining ist auch in einem intensiven Trainingsplan nicht überflüssig – wie unter anderem etliche aktuelle Studien zu den Effekten polarisierten Trainings gezeigt haben. Die eine oder andere Ausfahrt von vier Stunden oder mehr ist in Verbindung mit intensiven Einheiten besonders effektiv, unter anderem für die wichtige Ermüdungsresistenz. Das gilt umso mehr, wenn man sich auf einen langen Radmarathon vorbereitet. Auch mental lohnt es sich, vor langen Wettkämpfen schon einmal ähnlich lang unterwegs gewesen zu sein. Zu beachten ist, dass man sich während Ausdauerfahrten wirklich im GA1 bewegt. Nur so werden die passenden Trainingsreize optimal gesetzt.

Vor wichtigen Wettkämpfen sollte natürlich stets eine gezielte Vorbereitung stattfinden. Die gewählten Intensitäten sollten in den Wochen zuvor die Rennbedingungen nachahmen: Für berglastige Radmarathons sind dies Anstiege und lange Schwellenbelastungen, für Kriterien kurze Beschleunigungen und durch einen Wechsel der Trainingsstrategie kann bei vielen bislang noch verborgenes Potential zum Vorschein kommen. Bei immer gleichen Trainings-Inhalten und -Strategien besteht dagegen die Gefahr, dauerhaft zu stagnieren. Es gelten die Grundsätze: Abwechslung statt Monotonie — Qualität statt Quantität. //

 

 

Fitness im Radsport – Was macht schnell?

Progression

Für Leistungszuwächse sollten Trainingsintensität und -volumen regelmäßig steigen – um den Körper weiterhin ausreichend zu belasten. Ein oft vergessener Faktor der Trainingsplanung.

Variation

Auch spezifische Reize – wie Schwellenintervalle – sollten immer leicht abgeändert werden. Immer gleiche Intervalle sind für den Körper weniger fordernd und die Effektivität sinkt.

Intensität

Intensives Training bringt den Körper bei ausreichender Belastungsdauer aus dem physiologischen Gleichgewicht und zwingt ihn zur Anpassung. Je intensiver und länger, desto stärker die Belastung für das System. 

Individualisierung

Keine Trainingsintensität führt bei verschiedenen Athleten zur exakt gleichen Reaktion. Die individuelle Reaktion ist je nach Person und Zeitpunkt sehr unterschiedlich. Bleiben Verbesserungen aus, könnte es an der Zeit sein, andere Trainingsreize zu setzen.

Polarisierung

Diese bezieht sich auf die anteilige Zeit, die man in verschiedenen Intensitäten trainiert. Optimal: Eine „polarisierte“ Kombination aus Grundausdauer und hoher Intensität – circa 80 Prozent Grundlagentraining und 20 Prozent intensiv.

Ermüdungsresistenz

Ein wichtiges Element der Ausdauer: Die Fähigkeit, sich von harten Belastungen zu erholen und sie wiederholt abrufen zu können. Eine Kombination aus intensivem Intervalltraining und langen Ausdauerfahrten ist für den Aufbau besonders effektiv.

 

Intensitäten und Beispiel-Intervalle

KB/Aktive Regeneration

(bis 50% der IANS)

Kompensationsbereich für die aktive Erholung nach harten Einheiten. 

Lockere Ausfahrten sehr geringer Intensität bis 75 Minuten. 

GA1

(51-74% der IANS)

Grundlagenausdauer für langes und moderates Training. 

Mittlere und sehr lange Einheiten ohne Zeitbeschränkung, möglichst stetig.

Beispieleinheit: 180 Minuten bei 65% mit 5 mal 10 Sekunden Sprints. 

GA2

(75-90% der IANS)

Der Tempobereich zwischen GA1 und den hohen Intensitäten. 

Belastungsdauer 10 bis 60 Minuten, vor allem zur Rennvorbereitung.

Sweetspot

(88-93% der IANS)

Der „Punkt“ bei oberer GA2- und unterer EB-Intensität. Sehr effektiv für lange Belastungen mit 12 Minuten oder mehr.

Beispieleinheit: 2 mal 20 Minuten bei 88% mit 10 Minuten Pause.

EB

(90-105% der IANS)

Entwicklungsbereich: Liefert starke Reize um die IANS und kann je nach Intensität 8-60 Minuten gehalten werden.

Beispieleinheit: 3 mal 10 Minuten mit 8 Minuten bei 90% und 2 Minuten bei 102%.

SB1 – SB2

(105-120% der IANS)

(120% und mehr)

Spitzenbereich: Hochintensive Belastungen, die nach kurzer Zeit zur Erschöpfung führen. 

Beispieleinheit SB1: 5 mal 5 Minuten bei 105-110% IANS mit 5 Minuten Pause.

Beispieleinheit SB2: 30/10 Over-Unders mit 6 x 30 Sekunden bei 130-140% im Wechsel mit 10 Sekunden lockerem Pedalieren (bis zu vier Wiederholungen).

 

 

Quelle: 

Text: Philipp Diegner; Fotos: Cor Vos

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Triathlon-Kolumne, Folge 1: Neue Reize setzen

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09.10.2017
Triathlon: Training für Radsportler

Warum Triathlontraining auch für Radsportler Sinn macht

Triathleten können alles ein bisschen, aber nichts richtig. Das Vorurteil hält sich hartnäckig. Dabei können auch Rennradfahrer vom Triathlon-Training profitieren.

Ich war früher ein guter Läufer, bin jetzt ein mittelmäßiger Radfahrer und werde wohl nie ein echter Schwimmer sein. Kurzum, ich bin wohl der geborene Triathlet. So könnte man es spaßig formulieren. Ich gehe den Weg, den viele Rennradfahrer gehen – oder zumindest ab und an ausprobieren: den zum Triathleten. Man hat andere Belastungen, neue Trainingsreize und kann die Einheiten anders, oft einfacher, in seinen Alltag integrieren. Ich habe einen Traum – beziehungsweise ein Ziel: einen Ironman. Langfristig. Mittelfristig lautet mein Teilziel: mein erster Triathlon, olympische Distanz, in diesem August. Bis dahin werde ich versuchen, mich technisch zu verbessern – und vor allem ein besserer Allround-Sportler zu werden. Und Fragen zu beantworten wie: Wie können die meisten Rennradfahrer vom Triathlon-Training profitieren?

Zeitmanagement

Triathlon-Training ist zeitintensiv. Aber, und das ist das Positive für berufstätige Hobbyathleten: Es lässt sich gut und einfach strukturiert aufteilen. Hat man nach der Arbeit nur 40 Minuten Zeit, geht man eben eine Runde in der Dunkelheit laufen. Dasselbe gilt für die Mittagspause. An einem normalen Trainingstag werden nicht selten gleich zwei Sportarten trainiert. Erfahrene Athleten wissen daher jede Minute sinnvoll zu nutzen. Dies ist wohl die essenzielle Fähigkeit, wenn man sich auf einen Wettkampf vorbereiten möchte und gleichzeitig seine beruflichen und sozialen Verpflichtungen nicht vernachlässigen möchte. Effektive Triathlon-Trainingseinheiten für Menschen mit wenig Freizeit bieten sich genug an. Von Treppenläufen im Stadtpark bis zu intensiven Intervallen im Schwimmbad. Letzteres lässt sich im Optimalfall sogar mit der stets zu knappen „Familienzeit“ kombinieren. 

Stabilitätstraining

Ein weiterer großer Vorteil des Triathlon-Trainings ist, dass man quasi gezwungen wird, nicht die typischen Radfahrerfehler zu begehen. Indem man das „Stabi“-Training vernachlässigt. Rumpf, Bauch, Rücken, Schultern – Kraft und Beweglichkeit. Dies sind die Problemfelder vieler Hobby-Radsportler. Ein ausgewogenes vielfältiges Training kann diesen extrem effektiv entgegenwirken. So ist die „Core-Stability“ im Profi-Sport kaum noch wegzudenken. Für eine gute und kraftvolle Haltung auf dem Rad ist sie unverzichtbar. Gemeint ist damit das klassische Rücken- und Rumpftraining zur Stabilisierung. Viele Radsportler verschenken hier einige Leistungsprozente. Die meisten Triathleten hingegen haben längst begriffen, dass dieses zu den Standardtrainingsinhalten gehören sollte, denn: Eine starke Rücken- und Bauchmuskulatur hilft bei allen drei Teildisziplinen, insbesondere aber beim Schwimmen und Laufen. Verzichten Rennradfahrer hingegen auf ein Core-Training, kann dies in den schlimmsten Fällen zu chronischen Verspannungen oder Fehlbelastungen in Rücken oder Hüfte führen. Mit nur wenig Einsatz, beispielsweise täglich rund 15 Minuten in der Mittagspause oder am Abend, lassen sich schnell Erfolge erzielen. Langfristig spürt man eine deutliche Veränderung auf dem Rad. Weniger Schmerzen, mehr Komfort.

Mentaltraining

Mentale Fitness ist kein Hokuspokus. Sie ist wichtig und sie ist trainierbar. Einfache Übungen helfen dauerhaft dabei, die eigenen mentalen Fähigkeiten zu verbessern. Im Triathlon hat sich diese Erkenntnis längst auch im Breitensport herumgesprochen. Die psychologischen Kompetenzen im Triathlon, das Selbstvertrauen das Schwimmen flott anzugehen, der feste Willen sich im Startgetümmel durchzusetzen und die Stressresistenz, auch einen Sturz oder Plattfuß zu überstehen, bieten bei fast jedem noch eine Leistungsreserve. Die Visualisierung ist dazu ein mächtiges Werkzeug. Auch die Fähigkeit in Bildern zu denken, kann man trainieren. Der Verstand benötigt allerdings mehr Zeit als die Muskulatur. Ein Anfang wäre es, sich an besonders positive Sport-Momente zu erinnern. Aus diesen Erinnerungen kann man sich, vor dem geistigen Auge, einen persönlichen Erfolgsfilm von etwa 60 Sekunden Länge zusammenstellen. Dieser kann helfen, in schwierigen Situationen – wie sie wohl in jedem Triathlon oder Radmarathon auftreten – die Motivation aufrecht zu erhalten.

Abwechslung

Drei Disziplinen gleichzeitig zu trainieren ist keine Last, sondern sorgt im Trainingsalltag für Abwechslung. Triathleten sind aus diesem Grund auch anderen Sportarten gegenüber oft aufgeschlossener. Alternative Trainingsformen, wie zum Beispiel Skilanglaufen oder Schneeschuhtouren im Winter, sind für Viele längst keine Neuigkeit mehr. Im Gegenteil: Oft verzichten Triathleten im Winter bewusst auf ein Trainingslager im warmen Süden, um sich im Schnee die nötige Temperaturresistenz zu holen. Darüber hinaus trainiert das Skilanglaufen fast 90 Prozent der gesamten menschlichen Muskulatur, insbesondere die Rücken- und Rumpfmuskulatur. Davon wiederum können auch Rennradfahrer profitieren – spätestens bei den ganz langen Ausfahrten im Sommer.

Die Vorteile des Triathlontrainings

  • Sowohl Laufen als auch Schwimmen verbessert die aerobe Fitness effizienter als Radfahren. Der Reiz für das kardiovaskuläre System ist, relativ, in beiden Sportarten größer.
  • Der Radsport erfordert einen sehr spezifischen Bewegungsablauf. Laufen und Schwimmen sind deutlich komplexer und haben dadurch einen positiven Einfluss auf die Koordination sowie die Balance und können zu einem höheren Niveau von Beweglichkeit und Kraft führen.
  • Laufen belastet das Knochengerüst. Dadurch wird durch eine vermehrte Kalzium-Einlagerung, im Gegensatz zum Radfahren, die Knochendichte erhöht. Gerade im Alter wird dies wichtig zur Osteoporose-Vorsorge
  • Schwimmen und Laufen sind unterwegs deutlich aufwandsloser zu betreiben und damit gute Alternativen für vielreisende Athleten. Außerdem werden beim Laufen deutlich mehr Kalorien in gleicher Zeit verbrannt als zum Beispiel beim Radfahren.
  • Eine schwache Körpermitte beeinflusst die Radleistung negativ. Core-Training ist daher auch für Radfahrer effektiv. Viele Triathleten arbeiten gerade im Winter an der Verbesserung ihrer Core-Stabilität, denn diese führt auch im Schwimmen zu einer verbesserten Wasserlage und damit einer effizienteren Schwimmweise und -Leistung.
  • Vorsicht: Während das Pedalieren eine konzentrische Kontraktion der beanspruchten Muskulatur ist und die Muskeln entsprechend verkürzt werden, ist das Laufen eine exzentrische Kontraktion (Streckung). Deshalb Vorsicht: Zu viel Laufen könnte somit die Muskulatur „falsch“ konditionieren. Die Folge kann eine verschlechterte Radleistung sein.

Trainingsbeispiele für Ambitionierte

Schwimmen

— 400 Meter Warm Up bestehend aus: 200 Meter im Wechsel Brust und Freistil; 100 Meter mit dem Pullboy, nach jedem dritten Zug atmen; 100 Meter nur Beinschläge mit den Händen auf dem Schwimmbrett.
— 900 Meter Technikübungen: 4 x 50 Meter mit Fokus auf die Halsstreckung, Blick auf den Boden des Schwimmbeckens,
4 x 50 Meter „Wasserfassen“: Legen Sie den Fokus bewusst auf die Eintauchphase der Hände, spezielle Finger-Paddles helfen, um das Gefühl für die Eintauch- und Zugtechnik zu bekommen. 4 x 50 Meter Rückenschwimmen: Tauchen Sie mit dem kleinen Finger zuerst ins Wasser. Taucht zuerst der Daumen ein, wird der weitere Armzug kompliziert. 4 x 50 Meter mit Pullboy: Fokus auf Körperstreckung und langen Armzug. Eine gute Wasserlage ist entscheidend für die Effizienz des Freistil-Schwimmens. 100 Meter Freistil: Fokus auf alle vorangegangenen Technik-Fertigkeiten.
— 200 Meter Beschleunigung: 4 x 50 Meter mit 25 Meter locker und 25 Meter schnell.
— 300 Meter Cool Down: Freistil, Brust und Rücken locker im Wechsel.

Radfahren

— Hochintensives Intervalltraining (HIIT): In einer Studie, die im Journal of Sports Medicine and Physical Fitness veröffentlicht wurde, erwies sich die HIIT-Methode, also kurze hochintensive Intervalle, dem längeren aeroben Grundlagentraining als überlegen: Die Probanden der HIIT-Gruppe verloren deutlich mehr Körpferfett, die respiratorische Fitness nahm bei beiden Gruppen im selben Maße zu. Trainingsbeispiel: acht Mal 20 Sekunden mit 100 Prozent Intensität Sprint-Intervalle, dazwischen je zehn Sekunden Pause. Vorher 45 Minuten im Grundlagenbereich, im Anschluss an die Belastung 15 bis 20 Minuten ausrollen.
— Klassisches Intervalltraining: Wichtig zur Kraftentwicklung, ob drei Mal vier Minuten, fünf Mal fünf Minuten, vier Mal 15 Minuten oder zehn Mal eine Minute. Vor der Belastung mindestens 15 Minuten einrollen. Im Anschluss mindestens 15 Minuten ausrollen.
— Sweetspot-Training: Im oberen Bereich der Grundlagenausdauer zwei, bei 88 bis 93 Prozent der maximalen Leistung. Beispiel: 90 Minuten Sweetspot mit drei Mal zehn-minütigen Intervallen.

Laufen

— Crescendo-Dauerlauf: Perfekt für mehr Tempohärte und Ermüdungswiderstandsfähigkeit. Diese Trainingsform empfiehlt sich vor allem für erfahrene Läufer und Fortgeschrittene. Es handelt sich dabei um einen Steigerungslauf. Begonnen wird mit dem Einlaufen. Das Tempo dabei entspricht dem langsamen Dauerlauftempo, von dem aus  die Intensität immer weiter, in langen Intervallen, bis zum angestrebten Renntempo gesteigert wird. Nach der letzten Tempoverschärfung erfolgt ein lockeres Auslaufen.
Trainingsbeispiel für einen Crescendo-Dauerlauf über 15 Kilometer, wie er sich für einen Läufer eignen würde, der 1:30 Stunden auf der Halbmarathondistanz anstrebt:
Drei Kilometer Einlaufen in 5:30 min/km, drei Kilometer in 5:10 min/km, drei Kilometer in 4:50, drei Kilometer in 4:20 und zum Schluss drei Kilometer Auslaufen in 5:40.
— Berganläufe: Diese Trainingsform kann perfekt an eine normale Dauerlauf-Einheit gekoppelt werden. Es schult einen kräftigen Abdruck und wirkt somit einem verkürzten „Dauerlauf-Schritt“ entgegen. Dieser schleicht sich vor allem bei sehr langen Läufen ein. Kombinieren Sie also einen 10- bis 12 Kilometer-Dauerlauf mit zehn Mal circa 100 Meter bergan. Im Anschluss 15 Minuten lang locker auslaufen.
— Koordinationstraining: Bauen Sie vor oder nach dem Laufen Koordinationsübungen wie zum beispiel Teile des Lauf-ABCs wie Hopserlauf, Skippings, Kniehebelauf oder Anfersen mit in das Trainingsprogramm ein.

Über die Triathlon-Kolumne

In dieser Kolumne schreibt unser Autor Daniel Götz über seinen Weg zum ersten Triathlon. Dabei wird der Schwerpunkt auf seinem Training liegen. Diese Kolumne wird daher auch immer wieder spezielle Trainingsvorschläge für Triathlon-Neulinge beinhalten.

 

Quelle: 

RennRad-Magazin (Autor: Daniel Götz, Fotos: Trek, Asics)

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Triathlon-Kolumne, Folge 2: Richtig Bikefitting

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12.10.2017
Bikefitting beim Triathlon

Sitzen wie die Profis

Was bringt ein professionelles Bikefitting? Mehr Leistung? Mehr Aerodynamik? Beides! Unser Redakteur macht den Selbstversuch.

Winkel vermessen, den Sattel und die Extensions etwas herumschieben und schon passt es. So schwierig kann es eigentlich nicht sein, eine gute Position auf dem Rad zu finden. Oder doch? In den letzten Jahren hat die Zahl der Bikefitting-Anbieter rapide zugenommen. Immer mehr Hobbysportler lassen ihr Triathlonrad millimetergenau an ihre Bedürfnisse anpassen. Es geht ihnen wie in vielen anderen Lebensbereichen um Optimierung, Individualität, aber vor allem: Mehr Leistung.

Bessere Kraftübertragung

„Die Sitzposition ist wichtig für eine optimale Kraftübertragung und beschwerdefreies Fahren“, meint Sportwissenschaftler und Bikefitting-Experte Christoph Näger. Er betreibt im Münchner Vorort Ottobrunn den Triathlonshop Energysource und bietet ein individuelles Fitting für Jedermann an. Sein Triathlon-Geschäft schaut genauso aus, wie man sich es vorstellt: Teure Räder, viel Carbon in Form von Laufrädern an den Wänden und dazu jede Menge bunte Triathlonbekleidung. Der Empfang ist herzlich. Handshake. Small-Talk. Und schon sind wir mittendrin in dem, was der Experte Anamnese nennt. Mit welchen Zielen bin ich hergekommen? Welche aktuellen Beschwerden habe ich? Trainiere ich für die Lang- oder Kurzstrecke? Christoph Näger hört geduldig zu und macht sich Notizen. In meiner Wettkampfkleidung darf ich mich im Anschluss im Raum positionieren. „Einmal um 90 Grad drehen. Stopp. Noch einmal um 90 Grad nach rechts drehen. Stopp.“ Mit wachsamem Auge analysiert Näger meine Körperstatik. Beckenschiefstand, leichte O-Bein-Stellung, Knick-Senk-Spreizfuß und einen um wenige Millimeter kürzeren rechten Fuß kann ich ihm bieten.

Der Status quo

Im Anschluss darf ich endlich aufs Rad. Mein Cervélo P2 strahlt noch in blütenweiß. Der Frühling hat mir bisher wenige Gelegenheiten gegeben, mich an meine neue Triathlonmaschine zu gewöhnen. Intuitiv lege ich meinen Oberkörper nach vorne und meine Unterarme auf den Triathlonlenker ab. Das Hinterrad ist in einem Rollentrainer eingespannt. Nun heißt es treten. Christoph Nägers Augen wandern auf meinem Körper umher. Ihm entgeht nicht, dass mein Tritt unrund und die Position – positiv ausgedrückt – ausbaufähig ist. Er analysiert den Status quo genau. Er misst Kniewinkel, Sattelhöhe- und überhöhung, Extensionslänge und die Breite der Pads. Meine Unterarme schmerzen schon nach wenigen Minuten. „Unser Anspruch ist es für jeden Kunden die optimale Lösung zu finden – egal ob Anfänger oder Profi“, erklärt mir Näger, während er mich bittet, wieder abzusteigen. Als nächstes folgt die Pedalplatteneinstellung. Die Cleats an meinen Schuhen hatte ich eher nach „Pi mal Daumen“ montiert.

Christoph Näger erklärt mir, wie es richtig ist: „Man sollte die Cleats so einstellen, dass die Verbindung von Großzehen- und Kleinzehen-Grundgelenk auf oder minimal vor der Pedalachse liegt. Je nach Fußstellung sollten die Cleats möglichst parallel zur Fahrtrichtung zeigen.“ In meinem Fall müssen wir die Pedalplatten also um einiges nach vorne schieben. Im Anschluss darf ich wieder auf meinem Cervélo Platz nehmen. Christoph Näger interessiert sich jetzt vor allem für meine Sattelposition. „Der Optimalfall wäre ein Kniewinkel von um die 110 Grad in Drei-Uhr-Stellung, wobei eine Pauschalisierung schwierig ist“, führt er aus. Für meinen Sattel bedeutet das: Er muss ein kleines Stück nach hinten verschoben werden. Die Sattelspitze befindet sich jetzt nur noch leicht vor dem Tretlager. Die Mitte des Knies liegt annähernd über der Pedalachse. Und ich darf weitertreten.

Besser sitzen

Wasserwaagen sind nicht nur beim Aufbau von widerspenstigen IKEA-Möbeln ein gern genutztes Hilfsmittel. Beim Bikefitting kann man mit den Geräten relativ einfach die Sattelneigung kontrollieren. Auch hier hat Christoph Näger einen wertvollen Tipp: „Standard wäre überhaupt keine Neigung. Manche Athleten setzen allerdings auf eine Neigung von zwei bis drei Grad negativ. Zeigt der Sattel hingegen nach unten, müssen die Unterarme auf den Pads am Lenker mehr Haltearbeit verrichten. Auf längeren Strecken kostet das mit der Zeit enorm viel Kraft.“

Auch die Cockpit-Einstellung ist eine Leistungsreserve, die oft unterschätzt wird. Hier gilt es die Höhe der Pads (Armauflieger), deren Breite und Position bestmöglich an die Physiologie des Athleten anzupassen. Vieles davon ist abhängig von der Schulterbreite und der Beweglichkeit. Bei Ironman-Weltmeister Jan Frodeno beispielsweise berühren sich die Unterarme beim Aufliegen auf den Pads. Sein Kopf versinkt beinahe im Nacken, indem er die Unterarme beim Fahren dicht beisammen hält. In dieser Extremposition bietet man der anströmenden Luft von vorne möglich wenig Angriffsfläche. Schließlich stellt der Athletenkörper mit in etwa 80 Prozent den mit Abstand größten Widerstand dar. Komfortabel ist diese Position garantiert nicht. Sie auf der Langstrecke durchzuhalten, bedeutet einiges an Athletik- und Beweglichkeitstraining.

Komfort oder Leistung

„Hobbysportler sollten die Armaufleger lieber etwas breiter wählen. So kann man den Komfort spürbar verbessern“, empfiehlt Experte Christoph Näger. Der Stellwinkel sollte dabei zunächst flach ausfallen. Wünscht man etwas mehr Komfort, kann man die Extensions leicht nach oben korrigieren. In jedem Fall sollte noch der Kopf inklusive Helm leicht angezogen zwischen die Schulter passen, ohne dass dabei die Nacken- oder Schultermuskulatur auf längeren Strecken verkrampft. Viel zu oft sind solche Nacken- und Schulterprobleme auf eine zu aggressive Sitzposition zurückzuführen. In punkto Helm haben sich in jüngerer Vergangenheit kürzere Aerohelme gegenüber denen mit Schweif durchgesetzt.

Oft sind es kleine Details und Veränderungen mit denen sich langfristig große Wirkungen auf dem Rad erzielen lassen. Ein neuer Sattel, eine andere Kurbel, ein kürzerer Vorbau: Ein guter Bikefitter findet für jeden Anspruch die richtige Sitzposition. Er stimmt das Rad nicht nur auf die Bedürfnisse des Fahrers ein, sondern gibt darüber hinaus auch Ratschläge für das Wohlbefinden auf dem Rad. In meinem Fall empfiehlt mir Sportwissenschaftler Christoph Näger nach dem eigentlichen Fitting: „Bitte unbedingt nach den ersten zwei bis drei Ausfahren viel Dehnen.“

Tipps für die Basiseinstellung auf dem Triathlonrad

- Die Oberkörperhaltung fällt auf der Lang- und Kurzstrecke sehr unterschiedlich aus. Grundsätzlich gilt: Je länger die Strecke ist, desto aufrechter und damit komfortabler, sollte die Oberköperhaltung sein.

Die Sattelhöhe stellt man am einfachsten anhand einer Faustregel ein: Setzen Sie sich auf den Sattel und stellen Sie die Ferse aufs Pedal. In der untersten Pedalstellung sollte das Bein ganz gestreckt sein. Alternativ kann man das Ganze auch berechnen. Bei der sogenannten LeMond-Methode wird die Beininnenlänge mit dem Faktor 0,883 multipliziert.

Sattelneigung: In der Grundposition sollte der Sattel erst einmal waagrecht stehen. Eine Wasserwaage hilft hier als Messinstrument. Ansonsten ist die Einstellung Gewöhnungssache. Allerdings gilt es zu bedenken: Bei einem zu stark nach vorne abfallenden Sattel müssen die Unterarme in der Triathlonposition viel Haltearbeit verrichten. Diese Arbeit kostet Kraft und kann sich auf längeren Distanzen negativ auf die Leistung auswirken.

Kniewinkel: Der Optimalfall wäre ein Kniewinkel von um die 110 Grad in der Drei-Uhr-Stellung. Eine Pauschalisierung ist allerdings schwierig. Generell gilt also: ausprobieren.

Über die Triathlon-Kolumne

In dieser Kolumne schreibt der RennRad-Autor über seinen Weg zum ersten Triathlon. Daniel Götz ist kein Sport-Einsteiger. Er gilt als sehr guter Läufer, mittelmäßiger Radfahrer und durchwachsener Schwimmer. Sein Ziel ist es ausgeglichener über alle drei Disziplinen hinweg zu werden. Dabei wird er auch immer wieder spezielle Trainingsvorschläge für Triathlon-Neulinge geben. Partner dieser Kolumne sind: Skinfit, Cervélo, Swiss Side, pjur active, Ekoi

Quelle: 

RennRad-Magazin (Autor: Daniel Götz; Fotos: Jürgen Amann)

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